
Der Dreimaster "de Liefde" liegt derzeit zur Überholung der Unterwasserlinie auf der BBS Werft in Berne-Bardenfleth. (Christian Kosak)
Bardenfleth. Wenn Eduard van der Velden von seinem Dreimaster „de Liefde“ erzählt, ist der Eigner kaum zu stoppen. Das ist kein Wunder, denn „de Liefde“ – übersetzt „die Liebe“ – hat viel mit van der Veldens Liebe zu seiner Ehefrau Susanne zu tun. So sitzt der 70-jährige Niederländer im Mitteldeckshaus seines Windjammers, der momentan zur Überholung auf der BBS-Werft im Berner Ortsteil Bardenfleth an Land liegt, und erzählt.
Van der Velden beginnt kurz bei sich, ehe er zur „de Liefde“ überleitet. Als sich seine erste Ehefrau 1994 von ihm trennte, schmiss der ehemalige Schuldirektor alles hin. Er wollte nur noch tun, was ihm wirklich Freude bereitete, erzählt van der Velden. Und das war seit seinem 18. Lebensjahr das Segeln.
Der Aussteiger kaufte sich ein altes Plattbodenschiff, ließ eine Werft das 42 Meter lange Motorfrachtschiff zu einem Segler zurückbauen, machte sein Kapitänspatent und chauffierte Touristen über Nordsee und IJsselmeer. Er genoss sein Leben. „Ich war im Himmel“, erinnert sich van der Velden an ungezählte Fahrten mit seinem Charterschiff.
Die Nachfrage nach Fahrten war so groß, dass ein Schiff bald nicht mehr ausreichte, um alle Anfragen zu befriedigen. So kaufte der Niederländer ein weiteres altes Schiff und ließ es restaurieren. Im Laufe der Jahre wuchs die eigene Flotte auf vier Schiffe an. Der Reeder war dabei stets auf einem der Schiffe als Kapitän mit an Bord.
Auf einer dieser Fahrten lernte van der Velden 1996 Susanne Kiewning kennen. „Ich musste zwei Jahre angeln, bis ich sie hatte“, erzählt er lachend. Heute sind die beiden seit 22 Jahren zusammen, seit zwei Jahren auch verheiratet. Schon vor der Hochzeit hatte er seine Susanne an sich binden wollen und deshalb vorgeschlagen, das nächste Schiff gemeinsam zu restaurieren – eigenhändig.
Eduard van der Velden hatte bei seinen Törns ein heruntergekommenes Küstenmotorschiff entdeckt, das seinen Vorstellungen entsprach. „Das war eine dichte, eiserne Dose“, erinnert sich der Seemann. Doch vor seinem inneren Auge sah der Niederländer bereits die Pracht, in die er das Schiff verwandeln wollte. 2003 kaufte er den rostigen Rumpf, der eine wechselvolle Geschichte hinter sich hatte, taufte ihn im Namen der Liebe auf „de Liefde“ und begann mit der Arbeit.
Das von van der Velden erworbene Küstenmotorschiff war 1941 in der Nähe von Groningen als Holzfrachter gebaut worden. Doch noch während des Baus wurde es von der deutschen Kriegsmarine konfisziert und bei der Netzsperrgruppe Nord eingesetzt. Nach dem Krieg fand der damalige Eigner sein Schiff halb gesunken in Hamburg wieder. Nach einer gründlichen Renovierung fuhr es sieben Jahre lang als Langholzfrachter zwischen Finnland und Groningen. In den Folgejahren verschlug es die „de Liefde“ für eine ostfriesische Reederei bis nach Afrika.
Besitzer- und Namenswechsel
Nach mehreren Besitzer- und Namenswechseln kaufte ein Ehepaar aus Groningen 1977 das mittlerweile auf den Namen „Neermoor“ umgetaufte Kümo. Die neuen Besitzer seien begeistert von der schönen Form und den Linien des Schiffes gewesen, erzählt van der Velden. Es begann ein Umbau zur Schonerbark. Der Plan: Mit der Bark als Segelpassagierschiff über den Ozean zu den Kanaren und in die Karibik segeln. Doch es kam anders. Das Paar trennte sich, das Schiff wurde 1980 an den Kai geleg und rottete vor sich hin. „Es war frisch gesandstrahlt, also nackt, und völlig ungeschützt“, erinnert sich Eduard van der Velden an den Anblick, der sich ihm bot, als er er das Schiff im Jahr 2002 entdeckte.
Der Kapitän und Reeder kaufte „den Rosthaufen“. „Ich habe Tausende Kilo Rost von dem Schiff geholt“, erinnert sich der Eigner. Beim Anblick der Bark mittlerweile unvorstellbar. Van der Velden ließ die „de Liefde“ nach gründlicher Werftinspektion und Unterbodenreparatur nach Bremen-Mitte schleppen, wo sie seit 2003 am ehemaligen Anleger der „Schulschiff Deutschland“ liegt.
Mit viel Liebe zum Detail hat der Niederländer das Schiff ausgebaut, Fenster und Türen eingesetzt, Treppen mit Holz ausgestattet und die Wände im Mitteldeckshaus mit einer Linkrusta-Tapete verkleidet, einem Material, das so edel aussieht, dass es in englischen Schlössern echte Wandteppiche ersetzt. „Es ist so schön, so etwas mit den eigenen Händen gemacht zu haben“, sagt der 70-Jährige, während er seinen Blick fast liebevoll über die Wände wandern lässt. Unter der Decke hat er fünf verschiedene Sorten Holz verarbeitet. 2007 gaben Susanne und Eduard van der Velden den Saal, den ehemaligen Frachtraum, und das Deck für Tango-Argentino-Tanzkurse, Hochzeitsfeiern und Jazz-Konzerte für die Öffentlichkeit frei.
Alle fünf Jahre lässt der Eigner seinen Dreimaster, den er immer als liegendes Veranstaltungsschiff geplant hatte und mit dem er dementsprechend nie selbst gesegelt ist, in der Werft überholen. So wie jetzt. Das Unterbodenschiff wird überarbeitet und die Anoden werden erneuert.
Für Eduard van der Velden heißt es in den kommenden Monaten Abschied von seinem Schiff zu nehmen. Nach einer schweren Viruserkrankung vor zwei Jahren kann er die viele Arbeit nicht mehr selber erledigen. Auch seine vier im niederländischen Harlingen stationierten Charterschiffe hat der begeisterte Segler bereits verkauft.
„Ich frage nicht nach viel Geld“, betont van der Velden. Einige Hunderttausend Euro, sollen es sein. Ihm ist etwas anderes wichtig: „Ich gucke, ob jemand genügend Liebe für das Schiff hat und die Geschichte weiterführen kann.“ In der nächsten Woche soll „de Liefde“ von der BBS-Werft in Bardenfleth an ihren Liegeplatz an der Schlachte zurückgeschleppt werden.
July 18, 2020 at 10:00AM
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Ein Dreimaster mit Geschichte - WESER-KURIER
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